Fragen und Antworten

Worum geht es auf dieser Seite?

transform-social beschäftigt sich mit den Möglichkeiten zur Transformation in sozialere, solidarischere, freiere und herrschaftsärmere - also anarchistische - Gesellschaften.

"Wir sind überzeugt, dass Freiheit ohne Sozialismus Privilegienwirtschaft und Ungerechtigkeit, und Sozialismus ohne Freiheit Sklaverei und Brutalität bedeutet." Michail Bakunin

Was ist Anarchie?

Anarchie ist Ordnung ohne Herrschaft. Das bedeutet, dass Menschen nicht das tun, was der Staat oder Chef ihnen sagt, sondern nach ihren Bedürfnissen handeln. Diese Freiheit ist nur möglich, wenn die Menschen sich solidarisch ihren Mitmenschen gegenüber verhalten und auch deren Freiheit respektieren. Wenn Ressourcen wie Wohnraum oder Nahrung beschränkt sind oder notwendige Aufgaben verteilt werden müssen, treffen die Menschen, die davon betroffen sind, eine gemeinsame Entscheidung und handeln dann gemäß dieser gemeinsamen Vereinbarung.

Ist Ordnung nicht etwas Staatliches oder wenigstens etwas Statisches?

In der obigen Definition von Anarchie taucht das Word "Ordnung" auf. Ist Ordnung nicht etwas Staatliches oder wenigstens etwas Statisches? Einer Ordnung muss notwendigerweise etwas Negatives anhaften. Sie kann einfach pragmatisch sein. So hilft beispielsweise Ordnung im Kühlschrank, Lebensmittel schneller wiederzufinden und vor dem Verderben zu bewahren.

Mir hat das als Entgegnung zu beiden Vorurteilen a) Anarchie ist Chaos und b) Anarchie ist nur kleinteiliges Selbstversorger*innentum gut gefallen. Herrschaftsfreie Ordnung ist eine aus gemeinsamen Vereinbarungen hervorgehende Sammlung von gegenseitigen Zusagen und Plänen, die auch für die Zukunft einen Rahmen von Planbarkeit und Sicherheit gibt, innerhalb dessen jedoch noch Bewegungsfreiraum ist. So kann auch über den lokalen Raum der Selbstversorgung hinaus eine Ordnung entstehen, die weder herrschaftlich noch beliebig ist. Bei sich ändernden Bedürfnissen kann also dynamisch eine bessere Ordnung im Kühlschrank geschaffen werden.

Wie wäre eine anarchistische Gesellschaft organisiert?

Es gibt keinen festgelegten Plan zur Organisation anarchistischer Gesellschaften. Wichtig ist, dass Solidarität und Freiheit aller Menschen im Gleichgewicht bleiben. Vielleicht werden viele verschiedene Formen anarchistischer Gesellschaften nebeneinander existieren. Alles, was auf diesen Seiten steht, sind Überlegungen, die die Gedanken anregen können - nichts Festgelegtes. Anarchistische Gesellschaften sind von unten nach oben organisiert. Das bedeutet, dass viele Fragen auf lokaler Ebene entschieden werden können - in den Häusern oder Wohnblöcken, in denen die Menschen leben. Entscheidungen werden (je nach Variante immer, oft oder nach Möglichkeit) im Konsens gefällt. Fragen, die größere geografische Bereiche betreffen, wie beispielsweise Stromnetz, der Betrieb von Krankenhäusern oder Fabriken oder die gerechte Verteilung von Ressourcen zwischen Regionen mit unterschiedlich guten Voraussetzungen zur Landwirtschaft, werden von den Menschen entschieden, die von der Entscheidung betroffen sind. Dazu diskutieren Delegierte, die aus ihrer Region mit einem klaren Auftrag bekommen haben. Wenn sie sich nicht an ihren Auftrag halten, werden sie ausgetauscht.

Das klingt kompliziert. Kann das wirklich funktionieren?

Es gab immer wieder anarchistisch inspirierte Gesellschaften, zum Beispiel 1917-1922 in der Ukraine und 1936-1939 in Spanien. Darüber hinaus gibt es unzählige anarchistisch organisierte Projekte von Arbeitskollektiven, über Politgruppen bis hin zu Hausprojekten. Anarchie ist nicht kompliziert, auch wenn vieles vielleicht ungewohnt klingt. In der Praxis gibt es ein paar Herausforderungen. Um einige davon geht es auf diesen Seiten.

Warum ist eine Transformation nötig?

Die aktuell üblichen Gesellschaftsformen sind, egal ob Demokratie oder Diktatur, oft von Kapitalismus geprägt. Unabhängig davon, ob es Wahlen gibt oder nicht, werden wichtige Entscheidungen, die Soziales, Handel oder Umwelt betreffen, von Politikern oder Wirtschaftsfunktionären (die oft im Auftrag von Konzernen oder Lobbyverbänden agieren) getroffen, ohne die Meinung ihrer Wähler zu beachten. Dies hat zu Umweltzerstörung, Ausbeutung von Ressourcen, Überwachung durch Geheimdienste, aufgeblähten Verwaltungsapparaten, extremer sozialer Ungerechtigkeit, Existenz- und Zukunftsangst geführt. All das erzeugt immer wieder bewaffnete Konflikte. Kapitalismus war nicht immer die herrschende Gesellschaftsform, und sie muss es nicht bleiben. Der Schaden, den der Kapitalismus angerichtet hat, ist jetzt schon immens und die Ungerechtigkeiten kaum aushaltbar.

Deshalb ist es meiner Meinung nach notwendig, die Transformation in solidarischere und freiheitlichere Gesellschaften vorzubereiten.

Warum keine Revolution?

Ich bin skeptisch, ob eine Revolution, im Sinne eines plötzlichen Umsturzes, funktionieren kann. (Und ich will auch nicht auf Reformen durch den Staat warten.) Plötzliche Umstürze gehen oft von einer kleinen Gruppe aus, die mit militärischen Mitteln die Macht ergreift. Staaten sind heute sowohl was Überwachung als auch was Waffen angeht, so weit aufgerüstet, dass mir dies kaum realistisch erscheint. Außerdem sollte, um das Entstehen neuer Herrschaftsstrukturen zu vermeiden, eine große Mehrheit der Leute mit einer groben Idee von emanzipatorischen Gesellschaften basierend auf Werten von Freiheit und Solidarität vertraut sein und diese befürworten. (Viele Anarchist*innnen stimmen darin überein, dass die Methoden, um anarchistischen Gesellschaften näher zu kommen, mit anarchistischen Ideen kompatibel sein sollten.) Ich denke, dass ein von einer Minderheit ausgeführter plötzlicher Umsturz entweder in sich zusammenbrechen oder sich zu einer autoritären Gesellschaft entwickeln würde.

Eine Bewegung einer großen Mehrheit von Menschen, mit einem Konsens von Freiheit und Solidarität, hat bessere Chancen, emanzipatorische Transformation zu bewirken. Ich bezeichne schon die Schritte, um zu einer solchen Massenbewegung zu kommen, als Transformation.

Ok, wie funktioniert die Transformation?

Damit eine solche Transformation sich entwickelt, kann es hilfreich sein, einige Ressourcen aufzubauen: Fähigkeiten lernen und entwickeln, Netzwerke bilden, Projekte und Organisationen, die anarchistische Gesellschaften präfigurieren, aufbauen und unterstützen. Diese Seiten versuchen zu all dem eine Inspiration zu sein.

Genauso wie es nicht eine festgelegte Form von anarchistischer Gesellschaft gibt, gibt es keinen festgelegten Weg dorthin. Trotzdem ist es wichtig, sich über mögliche Formen auszutauschen, wie Transformation in anarchistische Gesellschaften möglich sein könnte. Denn Kapitalismus ist auf Dauer keine Lösung.

Wer schreibt diese Texte?

Die meisten Texte dieser Seite sind von einer Einzelperson (weiß, cis-weiblich, queer) geschrieben, in Zusammenwirken oder Diskussion mit anderen.















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